Die Zukunft der deutschen Automobilbranche: Hoffen oder Bangen

Jeder siebte Job in Deutschland hängt von der Automobilbranche ab. So oder so ähnlich erzählt man das uns immer wieder. Auch wenn diese Betrachtungsweise wohl maßlos übertrieben ist, ist die Bedeutung der deutschen Automobilbranche für die Wirtschaft wohl nicht zu unterschätzen. Schließlich sind gleich drei der 30 im Leitindex DAX notierten Konzerne Automobilkonzerne: BMW, Daimler und die Volkswagen-Gruppe mit der Premium-Tochter Audi. Und nicht zuletzt liebt kaum ein andere sein Automobil, wie der Deutsche. Naja, außer den Chinesen vielleicht. Und genau letzteres könnte sich in der näheren Zukunft zum Problem für die deutschen Konzerne entwickeln. Doch allgemein, wie steht es im Moment um die Industrie? Was verspricht uns die Zukunft?

Mercedes-Fabrik: Wie steht es um die Zukunft der deutschen Automobilbranche?

Das deutsche Automobil – weltweit geschätzt. Doch wie soll es weitergehen mit dieser Branche, der es im Moment fast schon zu gut geht?

Aktuell befinden wir uns in einer Phase, in der es den Konzernen kaum besser gehen könnte. Begonnen hat diese Phase nach Abschwächen der Effekte der Finanzkrise. Autos sind Luxusgüter, zumindest die der deutschen Premium-Hersteller. Wer aus beruflichen Gründen auf ein Automobil angewiesen ist, kann mit einem japanischen Modell oder einem Modell der preiswerteren Volkswagen-Töchter viel Geld sparen. Doch, wenn sich die finanzielle Situaiton entspannt sind vor allem die drei deutschen Premium-Hersteller von größter Beliebtheit. In der VWL würde man von Substituten sprechen: Günstige Margarine tut es auch, aber sobald das Haushaltseinkommen steigt, bevorzugt man den leckeren Butter-Geschmack. Gerade in der Finanzkrise spielte hierbei natürlich noch ein sehr großer psychologischer Faktor mit. Wer schlechtere Zeiten erwartet – auch wenn diese gar nicht zwangsläufig eintreten müssen – steckt zurück. Dies war mit ein Grund, dass die Gewinne in dieser so zyklischen Branche 2008 zunächst einbrachen.

Doch das ist bei weitem nicht der einzige Grund. Die deutschen Konzerne haben den Handlungsbedarf erkannt und diese außergewöhnliche Zeit genutzt, um massive Investitionen in die eigene Zukunft zu tätigen. Um dann später – also heute – besser dazustehen. So entwickelte BMW z. B. ein komplettes Elektroauto, auch die anderen Hersteller erkannten das Spritspar-Potential der eigenen Motoren und Autos und den Marktwert einer effizienteren Flotte. Die deutschen Konzerne investierten stark in Zeiten, die alles andere als rosig waren, um danach besser dazustehen.

Jetzt werden Rekordabsätze und Rekordgewinne eingefahren und was wäre zu erwarten, wenn man diese antizyklische Investment-Politik anschaut. Richtig, Sparmaßnahmen. Und genau diese sind mittlerweile ganz groß im Kurs.

Warum wollen die Hersteller sparen, wenn es Ihnen so gut geht?

Besonders unbeliebt sind solche Sparankündigen natürlich immer bei denen, die es potentiell am härtesten Treffen könnte: Den Mitarbeitern. Die Angst, den eigenen Job zu verlieren gepaart mit der Unverständlichkeit über den Zeitpunkt. Nun ist ein Stellenabbau beim derzeitigen Boom glücklicherweise kaum zu befürchten, aber man lässt trotzdem keine Gelegenheit aus, sich bei den eigenen Mitarbeitern unbeliebter zu machen, wie BMW dies zuletzt mit der Ankündigung bezahlte Brotzeitpausen zu streichen tat. Deutlich größere Sparmaßnahmen plant VW, um “die Zukunft der Marke zu sichern.” Man fragt sich also, worum geht es hierbei?

Zum einen ist da die große Angst vor China. Der chinesische Markt wird immer wichtiger für die deutschen Premiumkonzerne. Die hochwertigen Autos sind dort besonders auf Grund Ihrer Qualität geschätzt. Der Markt wächst – scheinbar ohne Ende. Doch genau darin verbirgt sich die große Gefahr. Je größer das Wachstum, desto früher ist die Marksättigung erreicht. Irgendwann wird auch die chinesische Nachfrage abflachen, zumal China bereits jetzt eigentlich viel zu viele Autos auf der Straße hat. Es geht also um die Vorbereitung auf diesen Punkt – dafür wird gespart. BMW beispielsweise will die Operative Marge in einem Korridor von 8 bis 10% belassen, auch dann wenn die Nachfrage abflacht. In konjunkturell starken Zeiten, die eigene Standfestigkeit in schlechteren Zeiten zu sichern, ist also gar nicht so irrational, wie es sich zunächst anhört. Ehrlich gesagt ist es sogar recht vernünftig. Man könnte fast schon von Hedging reden.

Sparen muss nicht immer schlecht sein

Nun müssen Sparmaßnahmen nicht immer negativ sein, umgangssprachlich sieht man das Wort schon beinahe als einen missglückten Euphemismus für Stellenkürzungen an, aber man kann auch durch technische Innovationen sparen. Und zwar solche, für die man die effizienten Deutschen immer besonders lobt. Wir erinnern uns, Teil eines guten Marketings ist eine Produktpolitik, die Sinn macht. Diesbezüglich haben wir bereits die Modellpalette von BMW untersucht. Doch zu einer guten Produktpolitk gehört nicht nur der Teil, den der Kunde sieht, sondern vor allem auch, was hinter den Kulissen passiert. Automobil-Plattformen, die man für die Produktion verschiedener Modelle nutzen kann, kennen wir vor allem vom VW-Konzern, der sehr gerne Teile zwischen seinen Marken Audi, VW, Seat und Skoda austauscht – und damit unter dem Strich viel Geld spart. Bei BMW kommt uns in letzter Zeit vor allem der Einheitszylinder mit 500cm Hubraum in Erinnerung – aus dem sich beliebige Motoren konfigurieren lassen. Auch das spart Geld. Auch in der Produkpolitik von Mercedes-Benz erkennt man einige Modelle, die klar auf anderen basieren.

Die große Gefahr hierbei ist natürlich immer, dass ein Einheitsbrei der Flottenpolitk ensteht, den Kunden nicth mehr auseinander halten können. So ist die größte Angst vieler BMW-Fans und -Fahrer, der Verzicht auf den Hinterradantrieb in den kleineren Modellen. Durch eine gemeinsame Plattform mit dem Mini, ein – zugegeben sehr sportlicher – Frontriebler könnte man kosten sparen. Im 2er Active Tourer, dem neuen Van, kommt diese bereits zum Einsatz. Doch Kritiker befürchten nun, dies könnte auch im 1er wahr werden. Für die Wirtschaftswoche gilt dies bereits als erwiesen, was wirklich geschiet, muss abgewartet werden. Eins ist klar, die Automobilhersteller haben viel vor. Man sieht neue Marktsegmente, die zuvor undenkbar waren. Ob das zu Lasten der eigentlichen Ausrichtung der Konzerne gehen wird, bleibt abzuwarten. Eins ist jedoch bereits jetzt klar: Wer in guten Zeiten für schlechte vorsorgt, ist sicher nicht ganz unvernünftig.


Bildquellenangabe:
Mercedes-Werk: Curimedia / flickr.com, Lizenz: Creative Commons Attribution 2.0 Generic.

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